Montag, 2. März 2015

Hochsensibilität bei Friedrich II. der Große von Preußen

Ich bewahre mich aber, indem ich das Weltall als Ganzes betrachte, wie der sinnende Beschauer von einem fernen Planeten her, dann erscheinen mir alle Dinge unendlich klein, und ich bemitleide meine Feinde wegen ihrer großen Mühe um so Geringes.” [Friedrich II., der Große 1712-1786]


Beschäftigt man sich mit dem Thema Hochsensibilität merkt man leicht, wie Personen wie Newton, Goethe und Friedrich der Große mit dieser menschlichen Eigenschaft ausgestattet sein dürften.
Unter Hochsensibilität (HSP) versteht man einen mangelhaften Reizfilter, der zu einen ungehinderten Zustrom von Informationen an das Bewußtsein führt. Es werden somit nicht mehr Informationen aus der Umwelt und Gedankenwelt aufgenommen, sondern weniger - eventuelle Störsignale - Material herausgefiltert. Der Hochsensible ist daher stärker vom ganzen emotionalen Wesen seines gegenübers beeindruckt und ergriffen, bzw. mitgenommen von jedweder Schwankung und dessen Verstellungen. Ungewollt sind Hochsensible zur Forschung und Erforschung von Zusammenhängen getrieben. Dies bedarf darum keiner besonderen Intelligenz, da auch mit einer geringeren Denkgeschwindigkeit große Erfolge mit der Zeit erzielt werden. Vielmehr ist der Drang zum Lernen und Systematisieren mit einem ungebrochenen Aufsaugen von Informationen erklärbar, bzw. der Hochsensible scannt ungewollt ständig die ungefilterten Reize der Umgebung auf. Ein ziemlich negativer Aspekt der Hochsensibilität ist in der Tat die Überreizung und Überforderung, wodurch der Betroffene des Öfteren das Bedürfnis nach Ruhe und Alleinsein verspürt. (Siehe auch: Hochsensibilität auf Wikipedia)


Bei Newton, Goethe und Friedrich II haben den Forschungs und Entdeckungsdrang gemeinsam. Es sind Wissenschaftler mit dem großen Bedürfnis die Welt zu verstehen. Bei Goethe kennen wir zudem das signifikante Charakteristikum Nahe am Wasser gebaut zu sein. Friedrich sagt über sich selbst, bei Kummer sich einzuschließen und auszuweinen.
Friedrich der Große las als Kind gerne interessante Literatur, allerdings heimlich vor seinem unmöglichen Vater unbemerkt. Er hatte einen ungeheuren Wissensdrang und liebte das Flötenspiel. Was Friedrich absolut nicht abkonnte, war das Tabakskollegium seines Vaters. Es gibt eben für Hochsensible keine peinlicheren und anwidernde Situationen, als stumpfsinnige Gespräche über belanglose sinnlose und geistlose Themen. Friedrich wurde nicht klug und belesen, wegen seines Vaters, sondern trotz Diesem. Gerade der Liebesentzug, bzw. permanentes Mobbing durch Eltern setzten einem Kind derart zu, daß es in der Regel in den Prüfungen des Lebens - hier ist in erster Linie an die Schule, die Freunde, die Akademien und Lehrausbildung zu denken - zugrunde gehen und versagen muß. Nur wenn der Zufall die Prüfungen des Lebens mit dem großen Interesse zusammenbringt, kann ein gewaltiger Erfolg ins Haus stehen. Gerade wegen diesem elterlichen Mobbing ist Friedrich zur Verstellung und Heimlichtuerei genötigt, einmal weil Lesen und Musizieren verboten ist, und weil jede Handlung vom Vater zur Demütigung Verwendung findet. Die Angst vor dem Vater trieb Friedrich gemeinsam mit seinem Freund Katte zur Flucht, welche in Steinsfurt wegen eines abgefangenen Briefes scheiterte, Katte daraufhin geköpft und Friedrich in Küstrin inhaftiert wurde.Ungewollt hatte der Vater Friedrich zur Schauspielerei erzogen - ganz so wie es ein unterdrückender Staat mit seinen Bürgern tut. Friedrich, der sich als Musiker Moralist, Physiker und Mechaniker sieht, lernt erst viel später mit Voltaire einen intellektuellen Gesprächspartner kennen, mit dem ein echter Gedankenaustausch zustande kommt. Sein intellektuelles Gegenteil des stumpfsinnigen Tabakkollegiums wird Sanssouci werden. Vorher wird er sich im Schloß Rheinsberg mit Bildung und Party gemütlich machen, zumal der Kronprinz in Neuruppin als Regimentskommandeur tätig ist. Für Friedrich und jeden anderen Hochsensiblen wird in diesen Gemäuern, und das muß hier mahnend betont werden, nicht die Geselligkeit, sondern die Ruhe als Alleinesein Priorität haben.
Als Harmonie und Gerechtigkeitsbedürftigter lehnt Friedrich die Thesen Machiavellis ab. Für Friedrich sollte ein Fürst nicht mit Lüge und Gewalt herrschen, und ist von einer Legitimation des Königs durch das Volk, statt durch Gott überzeugt. Friedrich weiß, das einstmals das Volk ihren König zum Wohle seiner Selbst in  sein Amt gehoben hat, und dieser somit nicht seinem Egoismus, sondern diesem, seinem Volke, bzw. dem Staat, verpflichtet ist, und daher als dessen erster Diener fungiert. Seine Währung soll Vertrauen und nicht die Gewalt und Angst als Gewaltandrohung sein. Sehen Fürsten ihr Volk bloß als Sklaven, gehen sie, laut dem Antimachiavelli Friedrich, auch verschwenderisch mit diesen in Kriegen um. Versteht sich der Fürst jedoch als Diener des Volkes, so wird er allenfalls notwendige Kriege zur Verteidigung des Volkes führen.  
Der Gerechtigkeitssinn Friedrichs läßt einen Angriffskrieg nicht zu, weil die fremde und die eigene Bevölkerung darunter leidet, und am Ende das Volk als solches der Verlierer ist. Für Friedrich ist nur ein Verteidigungskrieg legitim, doch hier beginnt schon die Frage, ab wann dieser zu führen sei. Sicher treibt Friedrich die Frage um, ob man erst nach dem feindlichen Beschuß, oder bereits in der feindlichen Beabsichtigung des Krieges zur Verteidigung greifen kann. Ebenso könnte ein Verteidigungskrieg verkürzt werden, in dem man schneller als der Feind einen erfolgreichen Angriffskrieg führt und den Feldzug frühestmöglich zu eigenen Gunsten beendet.
Auf dem europäischen Schachbrett gab es seinerzeit drei Personalunionen zwischen deutsch-fremden Staaten. Die älteste war die Habsburgmonarchie, eine Personalunion vom Erzherzogtum Österreich, Königreich Böhmen und Königreich Ungarn. Im Norden haben wir die Kurfürstentum Brandenburg und das Herzogtum Preußen, und dazwischen das Kurfürstentum Sachsen und Königreich Polen/Litauen. Die reichste Provinz der Habsburger war Schlesien und jenes Schlesien ist die Verbindung zwischen Sachsen und Polen. Will man - Friedrich II. - also das starke Habsburg schwächen und einen Aufstieg Sachsen-Polen verhindern, ist eine Eroberung Schlesien langfristig geboten und notwendig.
Stellt man sich die reichen Gedankengänge dieses hochsensiblen Königs vor, so erkennt man die zuendegedachten Schlußfolgerungen, mit dieser er sich 1740 zum Einmarsch nach Schlesien ohne vorherige Kriegserklärung aufmacht. Friedrich braucht keinen kleinkarierten Hof, geschweige kleinkarierte Förmlichkeiten in der Kriegsdiplomatie, da ihm sehr wohl der Umstand bewußt war, das immer die Sieger sich in das moralische Licht setzten und ihre Taten postum legitimieren. Aber diese Scheinheiligkeiten und gekünstelte Entsetzen von Europa und auch Voltaire beeindrucken Jemanden, der die Geschichte kennt, und weiß, daß entweder Preußen oder andere Länder sich auf Kosten fremder Länder vergrößern, nicht.
Und so läßt Friedrich in seinen Schlachten bevorzugt angreifen. Er weiß, daß vor der Bewaffnung und Heeresstärke die Kampfmoral am entscheidensten ist, also ob eine Einheit bei einer bestimmten Verlustquote die Flucht ergreift, oder weiterhin Stand hält. Und Friedrichs Truppe hielten der Übermacht in den Kriegen um Schlesien stand, da sie zwar nicht immer siegten, aber auch eben nur äußerst selten wie Kunersdorf besiegt wurden. Diese Standhaftigkeit Friedrichs machte ihn zu einem Großen seiner Zeit.


Das bis zum heutigen Tag auf die Eroberung Schlesiens herumgeritten wird, verdanken wir nicht minder des zweiten Dreißigjährigen Krieges von 1914-1918 und 1939-1945. Um das de jure Preußen symbolisch abzuschaffen, bemüßigte sich der Alliierte Kontrollrat 1947 zu einem Kontrollratsgesetz, welches ausdrücklich auf dem Militarismus preußischer Prägung herumritt. Während Großbritanien, Frankreich, Spanien, Portugal, Russland, Osmanen, Belgier usw.usf Kriege nach Belieben führen und Menschen und Völker abschlachten, führte der negative Kriegsverlauf zu einer gekünstelten Moralität über die militärischen Erfolge Preussens. Nahum Goldman verwies 1915 auf den friedliebenden Charakter des deutschen-preußischen Militarismus hin, da es hierbei um die Gleichheit und Freiheit aller Bürger eines Staates geht, welcher sich im preußischen Fall zunächst im Militärdienst verwirklichte. Die Währung im Militär ist nicht Gold, Bankguthaben, Adel oder Bauer, sondern Mut, Tapferkeit und Pflichterfüllung (Vertrauen). Preußen selbst ging defacto zur Zeit der Hitlerregierung im System der Gaue auf. So wie man nach der Novemberrevolution keinen Bedarf nach Kleinststaaten, wie im Falle Thüringens war, so war nun auch die riesige Verwaltungseinheit der Republik Preußen unpraktisch geworden.


Was nun die berüchtigte Spottlust Friedrichs betrifft, so ist dies auch, wenn sie friedlich und respektvoll bleibt, seiner Hochsensibilität zuzuschreiben. Man stelle sich eine solche Handlung dergestalt vor, das Friedrich über die alltäglichen Rituale und Verhaltensweisen seiner Mitmenschen stets im Bilde, und somit über diese erhaben war. Der Spott scheint daher mehr eine Beschreibung ihres Tuns zu sein, als bloße geistlose Belustigung. Friedrich wird seine Mitmenschen und sich selbst immer beobachtet und beurteilt haben. Der Spott an sich ist darin die Bestätigung der verstandenen Erkenntnis.
Menschlich verhält sich Friedrich wie ein heutiger Englisch und Denglisch-Schwätzer, in dem er sich vorwiegend Französisch ausdrückt. Er hält Deutsch für eine rückständige Sprache, aus jener noch keine hochwertige Literatur und Wissenschaft hervorging. Die frankophone Überheblichkeit kann man Friedrich sehr wohl vorwerfen, doch ist Französisch gängige Hofsprache und sein mobbender Vater durchgehend deutschsprachig.


Im Fach der Religion wendet sich Friedrich ganz klar gegen jedwede Form der Wunder. Weder als gemeiner Aberglaube, noch als Gottesgeburten und Wiederauferstehungen läßt er einen Eingriff Gottes in die Kausalität der Naturprozesse durchgehen. Deswegen verfällt Friedrich jedoch nicht in den Materialismus des Atheismus, sonder ist sich im deistischem Sinne eines Schöpfers der Naturprozesse bewußt, jedoch nicht eines neben der Natur stehenden Gottes, welcher durch Wunder eingreift und neben Mensch und deren Bedürfnissen leben könnte. Für Friedrich ist ein akausaler Eingriff Gottes in die Welt ein selbiger Unsinn, wie eine ursachelose Schöpfung der Welt ohne Gott. Gott ist für Friedrichs Denken ein reiner Geist, und keine nebenstehende Person welche rächt, eifersüchtig oder strafend sich zur Welt verhält. Anders gesagt, scheint Gott als Geist für Friedrich die Welt selbst zu sein, ganz wie es die idealistische Philosophie später feststellen wird. Für Friedrich ist Gott Geist, und der Geist ist die sich selbst erkennende Vernunft des reinen Denkens - denn alles Verhalten Friedrichs beruhte in dem Wissen von der falschen Begierde, welche dem Geistes-Subjekt ein unangemessenes Objekt anzudichten vermag, aber das nur oberflächliche Falschheit bleibt. Für Friedrich schienen die verschiedenen Religionen und Konfessionen verschiedene Weisen der Gotteserkenntnis zu sein, welche es zu tolerieren gebot, wenngleich der Protestantismus wegen seiner Erkenntnisgewinnung selbstredend eine Stufe höher stand. Aber sagte nicht die deutsche idealistische Philosophie, daß letztlich alle Thesen, Theorien und Religionen immer notwendige Erkenntnisstufen sind? Der Geist erkennt sich, erst als Blitz, als Tier, als Funktionsgott, als externer Geist, als dreifaltiger Begriffsgeist. Der hochsensible Philosophenkönig bediente sich zur Aufklärung und Wahrheitserkenntins stets des Verstandes, und keiner Dogmen, Schläge oder Pslamen.



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